In der Türkei kamen im vergangenen Jahrzehnt Tausende von jungen Menschen bei bewaffneten Auseinandersetzungen ums Leben. Viele von ihnen wurden in einen Konflikt mit hineingezogen, ohne dass sie je um ihre Meinung gefragt wurden. Sie sahen aufgrund der Gesetzeslage keine andere Wahl, als den Militärdienst abzuleisten, um später einen Beruf zu ergreifen, ein Studium aufzunehmen und in der Gesellschaft ein normales Leben zu führen. Genauso viele junge Menschen wurden und werden durch ihre Erfahrungen im Militär körperlich oder seelisch dauerhaft geschädigt. Muss wirklich jeder den Zwang der Wehrpflicht tatenlos über sich ergehen lassen? Gibt es dafür überhaupt eine Rechtfertigung?
Diese Webseite richtet sich an die wehrpflichtigen türkischen Staatsangehörigen, die sich dem Militärdienst entziehen oder den Militärdienst öffentlich verweigern wollen. Sowohl in der Türkei wie auch im Ausland leben zahlreiche türkische Wehrpflichtige, die aufgrund humanitärer oder politischer Überzeugung oder aus religiösen Motiven heraus nicht bereit sind, diesen Zwangsdienst anzutreten. In den 1990ern Jahren waren nach offiziellen Angaben 350.000 männliche Wehrpflichtige fahnenflüchtig; man kann heute von einer ähnlichen Zahl ausgehen. Der Informationsbedarf ist offensichtlich.
Die persönliche humanitäre, politische oder wie auch immer geprägte Überzeugung eines Jeden ist ein integraler Bestandteil seines menschlichen Daseins und darf von keinem politischen Machtapparat ausgeraubt werden. Daher ist nichts selbstverständlicher, als jeden staatlich angeordneten Zwangsdienst zu verweigern; auch an dessen Stelle eine Geldsumme zu verlangen, ist als eine erpresserische Logik eines autoritären Staates anzusehen.
Im folgenden sind die wichtigsten Informationen zusammengestellt, um denjenigen hilfreich sein zu können, die durch die Wehrpflicht in eine Notlage gedrängt wurden. Vollständigkeit und Aktualität werden nicht beansprucht. Die verschiedenen sprachlichen Versionen können sich geringfügig voneinander unterscheiden.
Wir können nicht auf alle eMails antworten: Nach der aktuellen Gesetzeslage gibt es für einen wehrpflichtigen türkischen Bürger keine gesetzliche Möglichkeit, sich der Wehrpflicht zu entziehen - außer Ausmusterung, rechtzeitige Ausbürgerung durch Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit oder Leben im Exil. Auf diese Optionen gehen wir im folgenden näher ein. Was die Einbürgerung in einem anderen Land angeht, informieren Sie sich bitte bei einem Anwalt vor Ort oder bei den Behörden des Landes, in dem Sie sich aufhalten. Über Zurückstellung, Passverlängerung, Ausmusterung, Ausbürgerung u.ä. können Sie auch von türkischen Konsulaten telefonisch und anonym Informationen erhalten; achten Sie jedoch dabei darauf, dass die türkischen Behörden sehr daran interessiert sind, dass Sie die Freikaufsumme bezahlen, und Sie deshalb täuschend bzw. unvollständig informieren können.
Kriegsdienstverweigerung in der Türkei
Ich will keinen Militärdienst ableisten, womit muss ich rechnen?
Die Türkische Republik zwingt seine männlichen Bürger ab dem 20 Lebensjahr zum Dienst an der Waffe, ohne auf ihre Meinung, ihren Glauben oder ihre Überzeugung Rücksicht zu nehmen. Jeder männliche Bürger ist ab dem 20. Lebensjahr zur Erfüllung des Militärdienstes verpflichtet. Dieser Zwangsdienst dauert 15 Monate. Ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung oder ein Ersatzdienst zum bewaffeneten Kriegsdienst existiert nicht.
Die allgemeine Wehrpflicht ist in vielen Ländern altersabhängig: In Aserbaidschan besteht die Wehrpflicht bis zum 35. Lebensjahr, in Weißrussland, Georgien, Estland und Armenien bis zum 27. Lebensjahr; ab diesem Lebensjahr entfällt die Wehrpflicht. Dagegen ist man in der Türkei so lange wehrpflichtig, bis die Wehrpflicht erfüllt worden ist. Die Zeitungen berichten gelegentlich von den absurden Zwangsrekrutierungen der 50- oder 60jährigen, die gesundheitliche Probleme zu bekämpfen haben.
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Der 80jährige A.C., der im staatlichen Seniorenhaus von Antalya lebte, wurde im April 2011 von der Polizei festgenommen und zu einer Tauglichkeitsuntersuchung and anschließender Ausmusterung ins Militärkrankenhaus von Isparta gebracht. Grund der Festnahme: Nach einem 13monatingen Militärdienst war er 11 Monate vor seiner Entlassung aus der Kaserne desertiert, da er bei der Beisetzung seiner verstorbenen Mutter anwesend sein wollte. |
Nach dem türkischen Zivil- und Militärstrafgesetzbuch hat ein Wehrpflichtunwilliger folgenden Ablauf zu erwarten:
Jemand, der in sein 20. Lebensjahr eingetreten ist und sich für die Erfüllung der Wehrpflichtformalitäten wie Musterung, Zurückstellung etc. bei der Rerutierungsbehörde nicht gemeldet hat, wird zunächst wegen 'Musterungsflucht' (yoklama kaça??) vor einem Zivilgericht verurteilt. Jemand, der schon einmal angemustert wurde, jedoch nicht den Dienst antritt, wird wieder vor einem Zivilgericht wegen 'Fahnenflucht' (bakaya) verurteilt. In all diesen Fällen ist eine gezielte Fahndung, gezielte oder auf Verdacht basierende Festnahme und Überstellung der Militärbehörde möglich; ein Ausreiseversuch ist riskant, da es das Risiko gibt, am Flughafen festgenommen zu werden. Ab der Zwangsrekrutierung ist für einen Wehrpflichtunwilligen das Militärgericht zuständig; man wird beim passiven Widerstand im Militär wegen 'wiederholter Befehlsverweigerung' und beim Verlassen der Militäreinheit wegen 'Desertion' verurteilt. Für all diese Fälle sind Haftstrafen in unterschiedlichen Längen vorgesehen; juristisch und praktisch existiert für einen entschlossenen Kriegsdienstverweigerer keine Gesetzeslücke, kein Schlupfloch.
Nach einer Zwangsrekrutierung hat der Wehrpflichtige seinen Kopf kahl rasieren zu lassen, Uniform anzuziehen, die weiteren militärischen Befehle auszuführen bzw. den Dienst an der Waffe anzutreten. Jemand, der sich diesem verweigert, wird von den zuständigen Offizieren und Soldaten mit allen erdenklichen Mitteln gezwungen, die Befehle auszuführen. Hierzu zählen auch Beleidigung, jede Form körperlicher Misshandlung und auch Folter. Bringen diese Methoden nichts, wird der Betroffene wie erwähnt aufgrund 'wiederholter Befehlsverweigerung' vor ein Militärgericht gestellt und zur Haftstrafe im Militärgefängnis verurteilt. In der Haftanstalt werden die Misshandlungen verstärkt fortgesetzt. Nach Verbüßung der Haftstrafe wird der Betroffene wieder der Kaserne überstellt, wo dieselbe Prozedur wieder von vorne anfängt. Es handelt sich also um einen Kreislauf ohne absehbares Ende.
Darüber hinaus werden im Militär zahlreiche Menschenrechtsverletzungen an Soldaten begangen, die nicht strafrechtlich verfolgt werden und teilweise auch den Tod der Betroffenen zur Folge haben. Es ist nicht auszuschließen, dass Sie infolge Ihrer wehrpflichtunwilligen Haltung Opfer einer solchen Misshandlung werden bzw. für den Rest Ihres Lebens ein schweres körperliches oder seeelisches Trauma erleiden müssen. Es gibt zahlreiche solche Fälle, die ausführlich dokumentiert worden sind.
Ist die Türkische Republik kein konstitutioneller Rechtsstaat? Warum muss ich Opfer der Rechtsverletzungen werden, wenn ich den Kriegsdienst verweigere?
Die Türkei ist seit 1949 Mitglied des Europarats und erkennt die Urteile seines Gerichtshofes für Menschenrechte an. Ferner sieht der Artikel 24 Abs. 1 der Verfassung der Republik Türkei vor, dass Jedermann die Freiheit des Gewissens, religiöser Anschauung und Überzeugung genießt. Vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wurde die Türkei jedoch mehrfach wegen Verletzung des Artikels 9 (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) sowie aufgrund der menschrechtswidrigen Behandlung der Kriegsdienstverweigerer zur Zahlung hoher Geldstrafen verurteilt. Außerdem ist die Türkei verpflichtet, eine rechtliche Grundlage für Kriegsdienstverweigerung zu schaffen. Die Türkei kommt aber dieser Verpflichtung seit 2006 nicht nach!
Das Leben in der Illegalität: Sozialer Tod und Stigmatisierung
Die Nichtableistung des Militärdienstes, die Kriegsdienstverweigerung oder eine damit zusammenhängende mehrjährige Haftstrafe im Militärgefängnis haben in der Türkei sehr schwerwiegende soziale und wirtschaftliche Folgen für die betreffende Person. Ohne den Entlassungsbescheid (kesin terhis belgesi), der die Ableistung des Militärdienstes beweist, ist es nicht möglich, als Angestellter in einer staatlichen Einrichtung wie Schule, Volkshochschule, Krankenhaus, Kindergarten, Bibliothek o.ä. oder in der Privatbranche einen sozialversicherungspflichtigen Job anzunehmen. Die Arbeitgeber auf dem Markt sind auch nicht daran interessiert, jemanden anzustellen, der nicht den Militärdienst schon „hinter sich“ hat. Die Anstellung von Personen, die sich dem Militärdienst entziehen, wird auch strafrechtlich verfolgt.
Jemand, der keinen Militärdienst abgeleistet hat, muss auch mit sozialen Sanktionen der Gesellschaft rechnen: Er wird als 'Feigling', 'Verräter' oder als jemand, an dessen 'Männlichkeit' zu zweifeln ist, abgestempelt.
Für ihn ist es nicht möglich, eine anerkannte Ehe zu schließen, sich in einer Bildungseinrichtung, Schule, Universität, Berufshochschule etc. einschreiben zu lassen oder sein Kind als sein eigenes in seine Geburtsurkunde eintragen zu lassen. Darüber hinaus sind Polizei und Gendarmerie verpflichtet, nach Fahnenflüchtigen zu fahnden bzw. quasi ein Auge auf solche zu haben, zu diesem Zweck Ausweispapiere zu kontrollieren oder Hausdurchsuchungen vorzunehmen. Unter diesen Umständen kann sich die betreffende Person keinen Reisepass ausstellen lassen und auch nicht das Land verlassen: Er würde spätestens von der Flughafenpolizei festgenommen.
Ich will meine Kriegsdienstverweigerung mit ihren Gründen öffentlich machen und dazu beitragen, dass sich die Lage ändert. Wie kann ich am besten handeln?
Es ist nach türkischen Recht an sich keine Straftat, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass man ein Kriegsdienstverweigerer ist. Aber den Militärdienst konkret nicht anzutreten, ist eine Straftat und dadurch werden Sie 'fahnenflüchtig'. Sie mögen im voraus ihre Kriegsdienstverweigerung beispielsweise durch Zeitungen, Internet, Radio- oder Fernsehsender etc. öffentlich gemacht haben. Doch wenn Sie mit den Militärbehörden konfrontiert sind, werden Sie wie jeder andere Fahnenflüchtige behandelt. Es wird versucht, Sie mit Gewalt und Misshandlungen zur Erfüllung der Befehle zu zwingen. Bei anhaltender Verweigerung werden Sie vor ein Militärgericht gestellt. Es ist nicht abzusehen, wie lange Sie in Haft bleiben können und was Ihnen alles widerfahren kann. Außerdem können Ihre öffentlich gemachten Außerungen dazu führen, dass gegen Sie nach Artikel 318 des Türkischen Strafgesetzbuches wegen „Distanzierung des Volkes vom Militär“ weitere Verfahren eingeleitet werden, wenn Sie z.B. auch andere zur Kriegsdienstverweigerung aufgerufen haben. Zwischen 1989 und 2008 sind gegen insgesamt 590 Personen wegen Distanzierung des Volkes vom Militär bzw. des Aufrufes der Soldaten zum Ungehorsam Verfahren eröffnet worden; insgesamt 140 Festnahmen erfolgten.
Ich lebe im Ausland und bin in der Türkei fahnenflüchtig. Die Gültigkeit meines Passes ist abgelaufen. Würde das türkische Konsulat seine Gültigkeit verlängern?
Ja. Nach der alten gesetzlichen Regelung wurden die Pässe nicht verlängert und die Passinhaber, die der Wehrpflicht nicht nachgekommen waren, nach einer gewissen Zeit aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen. Dies hatte zur Folge, dass in der Vergangenheit viele im Ausland lebende Türken offiziel 'heimatlos' wurden. Da viele EU-Länder Personen ohne Nationalität nicht ausliefern können und einen Passersatz ausstellen mussten, wurde z.B. von Deutschland Druck auf die Türkei ausgeübt, um diese Praxis zu ändern. So wurde 2003 durch Parlamentsbeschluss die Ausbürgerung aufgrund der Nichtableistung des Militärdienstes abgeschafft. Seit Einführung des elektronischen Passes verlängern auch die türkischen Konsulate nach Absatz 6, Artikel 15 des türkischen Reisepassgesetzes 5682 die Gültigkeit Ihres Reisepasses, auch wenn Sie der Wehrpflicht nicht nachgekommen sind. Dadurch können Sie, wenn Sie bereits im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis sind, im Ausland leben. Bei einer Einreise in die Türkei besteht allerdings das Risiko, festgenommen zu werden.
Bevor Sie einen solchen Schritt machen, kontaktieren Sie für konkrete Unterstützung oder zum weiteren Rat Gruppen, die in diesem Bereich oder im Bereich der Menschenrechte arbeiten.
Ich lebe im Ausland, will keinen Militärdienst ableisten und auch keinen Preis dafür bezahlen, was soll ich tun?
Wenn Sie im Ausland leben, keinen Militärdienst ableisten und sich auch nicht davon freikaufen wollen, müssen Sie eine andere Staatsangehörigkeit annehmen und Ihre türkische Staatsangehörigkeit aufgeben! Ein diesbezügliches Verfahren muss spätestens bis Ende des Jahres erledigt sein, in dem Sie Ihr 38. Lebensjahr vollenden. Andernfalls wird das türkische Innenministerium Sie nicht ausbürgern und versuchen, Sie unter Druck zu setzen, sich gegen Zahlung einer stark erhöhten Summe vom Militärdienst freikaufen zu lassen. Solange sie nicht zahlen, werden Sie in der Türkei als Fahnenflüchtiger gesucht. Sie können bei einer Einreise festgenommen und in Begleitung der Gendarmerie oder Polizei der Rekrutierungsbehörde überstellt werden.
Ausmusterung
Da die Ausmusterung vielen als der naheliegendste Weg erscheint, sich dem Militärdienst zu entziehen, ist die Ausmusterung vom Militär an strenge Kriterien geknüpft. Die Anträge werden akribisch überprüft. Wenn Sie glauben, dass Sie gute Chancen für eine Ausmusterung haben, erkundigen Sie sich persönlich und zuverlässig nach der bürokratischen und medizinischen Prozedur und treffen Sie Ihre Vorbereitungen rechtzeitig.
Schwere psychische und körperliche Erkrankungen oder Störungen (wie fortgeschrittene Schizophrenie, Paronoia, antisoziale Persönlichkeitsstörungen, Diabetes, Sehschwächen etc.) können Ihre Ausmusterung erwirken, wenn sie entsprechend attestiert und von Militärärzten bestätigt werden. Einige weitere Erkrankungen, körperliche, chronische oder genetisch bedingte Behinderungen, die ebenso Ihre Ausmusterung erwirken können, sind folgende: Plattfuß oder jede andere orthopädische Behinderung, die Ihre Bewegungsfähigkeit ernsthaft einschränkt, extremes Über- oder Untergewicht (Militärärzte achten jedoch hierbei auf genau festgelegte Proportionen zwischen Größe und Gewicht), Herzerkrankungen, Hämophilie, ernsthafte Funktionsschwäche auf mindestens einem Ohr oder Auge, jede Erkrankung, die regelmäßige und häufige Kontrolle und Pflege (z.B. Dialyse oder Chemotherapie) erfordert, das Fehlen eines Gliedmaßes (bei Fingern jedoch nur des Abzugsfingers) usw. Die Ausmusterungsrichtlinien sind uns im vollen Umfang nicht bekannt. Auf die Erfahrungswerte und Fallbeispiele zu achten, ist hier angesagt.
Bei einigen Erkrankungen und Behinderungen kann die Ausmusterung erstmal nur für ein Jahr ausgesprochen werden und muss über mehrere Jahre erneut beantragt werden, damit eine endgültige Ausmusterung bescheinigt wird. Insbesondere bei Untauglichkeiten, die mit dem Gewicht zusammenhängen, ist das Berichten zufolge gängige Praxis.
Wenn Sie sich im Ausland wollen ausmustern lassen, kontaktieren Sie die Wehrpflichtabteilung des Konsulats und schildern Sie Ihre Situation. Die Konsulate haben in der Regel eine Liste der anerkannten Ärtzte vorliegen, bei denen Sie sich dann entsprechend melden sollen. Sie müssen nach der Untersuchung eine beglaubigte türkische Übersetzung des Attestes zusammen mit den Originalen dem Konsulat vorlegen. Über die Ausmusterung entscheidet die Gesundheitsabteilung des Verteidigungministeriums in der Türkei, an die das Attest vom Konsulat weitergeleitet wird. In den meisten Fällen ist jedoch erfahrungsgemäß eine weitere Untersuchung und Bestätigung des Attestes in einem Militärkrankenhaus in der Türkei notwendig.
Betroffene berichteten uns auch, dass die Ausmusterung – insbesondere bei älteren Wehrpflichtigen – an die Bedingung geknüpft wird, zunächst die Freikaufssumme zu zahlen.
Homosexualität als Ausmusterungsgrund
Das Militär betrachtet Homosexualität als 'psychosexuelle Störung' und mustert Homosexuelle als untauglich aus. In diesem Fall muss der Ausmusterungskandidat einen für die Ausmusterung zuständigen Ausschuss mit einer psychologischen Untersuchung in einem Militärkrankenhaus von seinen 'weiblichen Tendenzen' überzeugen. Dabei wird erwartet, dass der Betroffene Fragen wie „Wollen Sie eine Frau sein?“ oder „Seit wann fühlen Sie sich wie eine Frau?“ etc. überzeugend beantwortet und konkrete Beweise für seine passive Homosexualität vorlegt.
Bis vor ein paar Jahren wurden von den Betroffenen als Beweis pornographische Bilder oder Videoaufnahmen verlangt, die ihn während eines passiven homosexuellen Geschlechtverkehrs mit erkennbarem Gesicht zeigen sollten. Nach aktuellen Berichten wurde diese Praxis durch ein anderes Verfahren ersetzt: Die zuständigen Militärärzte wollen nun mit einem Gespräch mit den Familienangehörigen des Betroffenen sicherstellen, dass der Ausmusterungskandidat tatsächlich homosexuell ist.
Nach dem Abschluss dieses Verfahrens wird per Post ein Ausmusterungsbescheid an die offizielle Wohnanschrift des Betroffenen geschickt, in dem als Grund der Ausmusterung die Diagnose mit dem entsprechenden Diagnosenkürzel „Psychosexuelle Störung: Homosexualität“, „sexuelle Identitätsstörung“ oder „fortgeschrittene psychosexuelle Störung“ steht. Diejenigen, die dieses Verfahren nicht über sich ergehen lassen wollen und zur Kaserne gehen, müssen den Berichten zufolge ihre sexuelle Identität geheim halten, da es andernfalls zu Misshandlungen mit homophobischem Hintergrund, gar zu Vergewaltigungen kommen kann.
Was hat es mit der Freikaufsregelung auf sich? Gibt es tätsächlich ein 'Recht' auf Freikauf?
Bei der allgemeinen Wehrpflicht handelt es sich um einen Zwangsdienst, der einem ohne Rücksicht auf seine Überzeugung, seinen Glauben oder seine politisch, moralisch oder wie auch immer geprägte Meinung aufgezwungen wird. Doch die türkischen Behörden scheinen neuerlich einen sprachlichen Konsens verbreiten zu wollen, demzufolge die altbekannte Freikaufsregelung ein Recht sei. Die Freistellung von einem Zwangsdienst gegen Geld als ein 'Recht' zu bezeichnen, ist nichts weiter als ein Etikettenschwindel, der darauf abzielt, die im Ausland lebenden wehrpflichtigen Türken auszubeuten.
Weil man aber dabei nicht getötet, schwer verletzt, dauerhaft körperlich behindert oder verprügelt werden kann oder nicht den im Militär üblichen Erniedrigungen ausgesetzt ist, ziehen fast alle im Ausland lebenden wehrpflichtigen Türken vor, sich gegen die Zahlung von 5.112 Euro und gegen die Ableistung einer 21-tägigen sog. Grundausbildung vom Militärdienst freizukaufen. Ein weiterer wichtiger Grund, warum sich viele für den Freikauf entscheiden, ist, dass der Aufenthaltstitel bei einem längeren Auslandsaufenthalt erlischt. Das deutsche Ausländerrecht setzt hier z.B. eine Frist von sechs Monaten Auslandsaufenthalt.
In den türkischen Konsulaten sind auch die einfachen konsularischen Angelegenheiten, bei denen nichts weiter als ein Stempeldruck oder eine Unterschrift notwendig ist, oft mit hohen Bearbeitungsgebühren verbunden, was wiederum deutlich macht, dass die im Ausland lebenden Türken von den türkischen Behörden als eine Devisenquelle angesehen werden, die ausgenutzt werden sollte. Die Freikaufsregelung sollte als Höhepunkt dieser schamlosen Praxis betrachtet werden. Dass sozialschwachen wehrpflichtigen Türken von den Kosularbeamten zur Zahlung der Freikaufsumme zynischerweise Kreditbeantragung bei den Banken angeraten wird, ist vielleicht der peinlichste Beweis dafür.
Der Freikauf ist folgendermaßen geregelt:
Wehrpflichtige Türken, die ihren regulären Aufenthalt im Ausland haben und im Besitz einer Arbeitserlaubnis sind, können sich bis zum 38. Lebensjahr gegen die Zahlung von 5.112 Euro und mit Ableistung einer 21-tägigen Grundausbildung vom Militärdienst freikaufen. Ab dem 38. Lebensjahr erhöht sich die Summe auf 7.668 €. Ab dem 40. Lebensjahr steigt der Betrag auf 10.000 Euro, wobei gleichzeitig die Ableistungspflicht für die Grundausbildung entfällt. Je älter man wird, muss man sich also mit einem desto größeren finanziellen Schaden abfinden. In allen Fällen besteht die Verpflichtung, den verkürzten Militärdienst von 21 Tagen abzuleisten.
Wehrpflichtige, die bereits 45 Jahre alt sind, müssen einen noch einmal erhöhten Betrag von 15.000 € zahlen, sind dann allerdings von der Ableistung des restlichen Militäridienstes von 21 Tagen befreit.
Der 21-tägige Dienst kann bis zur Vollendung des 38. Lebensalters in einer beliebigen Einberufungsperiode (Celp dönemi) abgeleistet werden. Die Einberufungen finden jährlich am 2. und 3. Januar, am 1., 2. und 3. April; am 1., 2. und 3. Juli und am 1., 2. und 3. Oktober statt. Der Antragsteller kann das Datum der Einberufung beantragen und erhält daraufhin den Einberufungsbescheid zugeschickt.
Die 21 tägige Grundausbildung wird in der Brigadekommandatur für Infanterieausbildung (Burdur Er E?itim Tugay Komutanl???) in Burdur abgeleistet, einer Kleinstadt im Südwesten der Türkei. Die Bedingungen sind im Vergleich mit denen des regulären Dienstes als die eines Fünfsternehotels zu bezeichnen. Was die persönlichen Bedürfnisse betrifft, wird den Auslandstürken jeder Luxus zur Verfügung gestellt: Unterwäsche, persönliche Hygiene- und Pflegemittel, Schuhe, Handtücher etc. Handys, Laptops und sonstige elektronische Geräte können gegen ein Pfand beim Eingang abgegeben werden. Berichten zufolge wird jedoch Telefonieren per Handy, gar das Bestellen der Mahlzeiten aus naheliegenden Restaurants von der Kaserne aus durchaus toleriert.
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Dank der Auslandstürken, die überwiegend aus Deutschland kommen und gegen Zahlung von min. 5.112 Euro nur eine 21-tägige Grundausbildung ableisten, floriert das Geschäft in Burdur, wo sich die für diese Grundausbildung vorgesehene Luxuskaserne befindet. Hier ein von Auslandstürken zum Währungswechsel oft besuchtes Wechselbüro |
Unter den Soldaten, die sich gegen Zahlung einer hohen Summe an Devisen vom regulären Militärdienst freikaufen lassen, befinden sich auch zahlreiche junge Auslandstürken, die wenig Lebenserfahrungen in der Türkei gemacht haben und ihrem Heimatland oft äußerst wohlgesinnt gegenüberstehen. Sich wohl dieser Tatsache bewusst, versucht das türkische Militär, diese jungen Menschen mit einer Reihe von Vorträgen und Konferenzen im Rahmen der Grundausbildung ideologisch zu beeinflussen. Dabei wird schlicht und einfach die folgende Logik verfolgt: „Ich habe eh sein Geld. Nun verpasse ich ihm auch noch eine Gehirnwäsche, bevor ich ihn zurückschicke!“
So besteht ab der zweiten Woche etwa die Hälfte der Grundausbildung aus der obligatorischen Teilnahme an Vorträgen. Einige dieser Vorträge tragen beispielsweise folgende Titel: Der Terror (zur PKK), Unsere geopolitische Lage (zu den an die Türkei angrenzenden Nachbarstaaten und ihren Plänen), Türkisch-armenische Beziehungen, Lobbyarbeit im Ausland, Nationalismus und Atatürk, Bürgerkunde für Doppelstaater etc. Ebenso ist man verpflichtet zur Teilnahme an einer 'Konsultation' mit einem hochrangigen Soldaten und einer anschließenden anonymen Umfrage, bei der es u.a. auch um die den Teilnehmern bekannten 'feindlichen' Organisationen oder Personen im Ausland geht. Freiwillige würden gar ermuntert, eigenständig einen schriftlichen Bericht über ein vorgegebenes Thema anzufertigen.
Das sogenannte Recht auf Freikauf ist nichts weiter als ein Rechtsraub und eine Erpressung in einer Mogelverpackung. Wer sich freikaufen lässt, entzieht sich der Schikane und den sonstigen Erniedrigungen im Militär, unterstützt jedoch mit seinem Geld den Erhalt des bestehenden Unrechts der allgemeinen Wehrpflicht. Daher wird den Türken, die für die sozialen und politischen Probleme der Türkei sensibilisiert sind, empfohlen, das sogenannte Freikaufsrecht nicht in Anspruch zu nehmen, dagegen zu protestieren und rechtzeitig die türkische Staatsangehörigkeit aufzugeben.
Staatsangehörigkeitsrechte ohne Wehrpflicht bzw. der Luxus der sogenannten Blaukarte
Mit der Wehrpflicht und Freikaufsregelung tritt die autoritäre Staatsräson nicht nur die Rechte und Freiheiten eines jeden mit Füßen; sie sind auch das Einfallstor für Bestechung, Bevorzugung und soziale Ungleichheit.
Dass man mit Hilfe eines verwandten oder befreundeten hochrangigen Militärangehörigen den Militärdienst zum Beispiel in einer Kasernenkantine in einer türkischen Großstadt ableisten kann, oder dass man in den Zeiten, in denen die Freikaufsregelung auch in der Türkei angewendet wurde, sich mit Bestechung und Beziehung doch vom Militärdienst freikaufen konnte, ist in der Türkei jedem wohlbekannt. Darüber hinaus gibt es auch Türken mit der 'Blaukarte' – eine weitere Sonderregelung, die nicht so bekannt ist:
Türken, die ihren regulären Aufenthalt im Ausland haben und beweisen können, dass sie Anspruch auf eine andere Staatsangehörigkeit haben, wird die Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit 'gestattet'. Danach erhalten sie mit einem einfachen Antrag im türkischen Konsulat die meisten Staatsangehörigkeitsrechte durch die Ausstellung einer sogenannten Blaukarte zurück. Ausgenommen davon sind lediglich das Recht auf Antritt eines Staatsdienstes, das Recht auf Wahlbeteiligung und die Wehrpflicht.
Darüber hinaus können Türken, die im Besitz dieser Blaukarte sind, ohne nennenswerte Nachteile ihren regulären Aufenthalt in der Türkei haben, ohne jedoch Militärdienst abgeleistet oder sich davon freigekauft zu haben!
Dieses Privileg, das auf das türkische Staatsangehörigkeitsgesetz 5901, Artikel 28, basiert, zielt vor allem darauf ab, die wirtschaftliche Bindung der Devisen bringenden Auslandstürken, die eine andere Staatsangehörigkeit erworben haben, zu erhalten. Der türkische Staat schafft dadurch eine kleine bevorzugte Gruppe von Türken, die in der Türkei leben können, ohne mit der Wehrpflicht je etwas zu tun gehabt zu haben, während der 'gewöhnliche' wehrpflichtige Bürger entweder in der Kaserne oder im Abseits der Gesellschaft landet.
Einbürgerung in der Bundesrepublik Deutschland
Wie bereits erwähnt: Für im Ausland lebende wehrpflichtige Türken ist die Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit bei Aufgabe der türkischen Staatsangehörigkeit die einzige Möglichkeit, sich dem Militärdienst zu entziehen und auch keinen Preis dafür zu zahlen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat durch einen Kabinettbeschluss am 7. Mai 1999 und mit der entsprechenden Gesetzesänderung 2000 das auf Abstammung und dadurch auf die Blutverwandschaft basierende Einbürgerungsgesetz abgeschafft und eine liberalere Einbürgerungsregelung eingeführt, die den Aufenthaltsort und die Loyalität zur Verfassung zum Grundprinzip der Einbürgerung macht. Allerdings wird mit dem Gesetz auch die doppelte Staatsbürgerschaft untersagt. In der Praxis wird sie nur in Ausnahmefällen gewährt.
Doch dies hindert die deutschen Einbürgerungsbehörden nicht daran, nahezu jeden Einbürgerungsantrag von vornherein als einen Versuch zur Erschleichung der deutschen Staatsangehörigkeit zu betrachten und im Lichte der migrantinfeindlichen Streotype akribisch zu überprüfen. Jeder kleine Fehler oder jede Unklarheit in Ihrem Antrag oder in den beigefügten Unterlagen kann zum Vorwand genommen werden, um Ihren Einbürgerungsantrag abzulehnen oder zumindest seine Bearbeitung hinauszuzögern, um Sie durch den Zeitfaktor in eine nachteilige Lage zu bringen und dadurch den Rückzug Ihres Antrages zu erzwingen. So kann die Entscheidung Ihres Antrages Jahre beanspruchen.
Grundsätzlich kann ein Ausländer die Einbürgerung beantragen:
- wenn er im Besitz einer an die Zukunft gerichteten Aufenthaltserlaubnis ist,
- deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrscht,
- sich seit mindestens 8 Jahren in Deutschland aufhält,
- sich zum deutschen Grundgesetz bekennt,
- nicht vorbestraft ist und seinen Lebensunterhalt ohne staaliche Leistungen bestreitet, wobei dies von den Behörden als ein Einkommen über dem Existenzminimum ausgelegt wird.
Falls Ihnen eine Einbürgerung zugesprochen wird, werden Sie aufgefordert, die türkische Staatsangehörigkeit aufzugeben. Die bürokratischen Formalitäten, die mit einem Ausbürgerungsantrag bei den türkischen Behörden verbunden sind, sind ebenso kosten- und zeitaufwändig. In diesem Zeitraum kann die Zurückstellung der Wehrpflicht durch die Altergrenze abgelaufen sein, was wiederum Ihre Ausbürgerung ohne die Ableistung des vollen Militärdienstes oder ohne den Freikauf gegen 7.668 € unmöglich macht.
Die Schilderung Ihrer Lage der Einbürgerungsbehörde gegenüber würde in diesem Fall nicht viel bringen: Die deutschen Einbürgerungsbehörden weisen die türkischen Kriegsdienstverweigerer auf die 'Freikaufsmöglichkeit' hin und raten sogar den Einbürgerungskandidaten offen an, diese in Anspruch zu nehmen. Sie sollten Ihre Bemühungen um die Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit ausführlich dokumentieren und Ihr Recht auf Einbürgerung mit einer Anklage gegen die Einbürgerungsbehörde geltend machen. Nach dem Artikel 12 des Deutschen Staatsangehörigkeitgesetzes ist zudem in einigen Fällen die Einbürgerung möglich, auch wenn der Einbürgerungskandidat wegen der Nichtableistung des Militärdienstes aus seiner ursprünglichen Staatsangehörigkeit nicht entlassen wird. Lassen Sie sich von einem erfahrenen Anwalt darüber beraten und vertreten.
Zurückstellung des Militärdienstes durch ein Studium, eine Ausbildung o.ä.
Die Wehrpflicht von Türken, die im Ausland leben und im Besitz einer Arbeitserlaubnis sind, kann bis zum 38. Lebensjahr zurückgestellt werden. Wenn Sie studieren, eine Schule besuchen oder eine vom türkischen Staat anerkannte Ausbildung machen, können Sie die Wehrpflicht ebenso im In- oder Ausland zurückstellen lassen: Beim regulären Studium bis zum 29. Lebensjahr, beim Aufbaustudium oder bei der Promotion spätestens bis zum 33. Lebensjahr.
Wenn Sie in der Türkei an einer Universität eingeschrieben sind, werden die Zurückstellungsformalitäten in der Regel vom Studentenwerk der jeweiligen Universität oder Hochschule erledigt. Im Ausland müssen Sie jedoch die Erziehungsabteilung des Konsulats kontaktieren und mit den erforderlichen Unterlagen einen Studiumanerkennungsantrag stellen. Die mit einer Zurückstellung verbundenen Formalitäten müssen jedes Jahr erneut wiederholt und die erforderlichen Unterlagen, wie die Immatrikulationsbescheinung vorgelegt werden.
Tausende von jungen wehrpflichtigen Türken nutzen das Studium, um den Militärdienst so lange wie möglich hinauszuzögern. Studenten, die nur einmal im Jahr im Campus erscheinen, um ihre Immatrikulation und dadurch die Zurückstellung erneuern zu lassen oder jahrelang im staatlichen Fernstudium (Aç?k Ö?retim) eingeschrieben bleiben, gehören daher zum Gesellschaftsbild der Türkei. Doch ist die Zurückstellung durch ein Studium keine endgültige Lösung für die Betroffenen. Daher wird empfohlen, diese Zeit zu nutzen, um sich über andere Möglichkeiten Gedanken zu machen, sich dem Militärdienst endgültig zu entziehen.
Ich bin ein Kriegsdienstverweigerer. Erkennen die EU-Länder, die Menschenrechte respektieren, und in denen es ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung und Zivildienst gibt, mich als Asylberechtigter an?
Die EU-Länder haben kein Interesse daran, Flüchtlinge aufzunehmen und ihnen das Recht auf Asyl oder sontige Rechte zuzuerkennen. Wie in anderen führenden EU-Ländern, wie Frankreich oder England, wird auch in der Bundesrepublik Deutschland das Asylrecht kontunierlich ausgehöhlt. Die Anerkennungszahlen nehmen permanent ab. Migranten und Flüchtlinge sind in der Gesellschaft, die von einer tiefen Xenophobie geprägt ist, Feindbild Nummer eins.
Jeder, der ein EU-Land erreicht hat, kann jedoch rein theoretisch einen Antrag auf Asyl stellen. In diesem Fall würde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuallererst überprüfen, ob Sie sich vor Deutschland in einem anderen Land aufgehalten haben. Sollten Sie sich vorher in einem anderen EU-Land aufgehalten haben, beispielsweise in Italien, würden Sie zügig in dieses Land zurückgeschickt, weil nach dem Dublin Abkommen dieses Land für Sie bereits als ein sicheres Land gilt und nur dieses Land für Ihren Asylantrag zuständig sein kann. Dadurch versuchen die Kern-EU-Länder die sogenannte Flüchtlingsproblematik zu verlagern.
Sollten Sie Deutschland ohne Zwischenhalt in einem 'sicheren' Land erreicht haben, können Sie zu einem gegebenen Termin Ihre Fluchtgründe schriftlich und mündlich vortragen. Generell gilt, dass die deutschen Behörden über die gesellschaftlich-politischen Verhältnisse in der Türkei, wenn auch nur oberflächlich, informiert sind. Sie werden versuchen, mithilfe ihrer Informationen Ihre Flüchtgründe als fadenscheinig zu entlarven und in ihren Aussagen Widersprüche zu finden, um Ihren Asylantrag abzulehnen. Außerdem stellt die Kriegsdienstverweigerung ohnehin kein Asylgrund dar[CON1]. Allgemein gilt, dass Sie juristisch und politisch gegen die Ablehnung Ihres Asylgesuches bzw. nicht für Ihre Anerkennung kämpfen müssen.
Nach Artikel 60 Abs. 5 des deutschen Aufenthaltsgesetz kann Ihre Auslieferung in die Türkei verhindert werden, wenn Sie vor Gericht glaubhaft machen können, dass Sie wegen Ihrer öffentlich gemachten Kriegsdienstverweigerung gezielt und persönlich in der Türkei verfolgt werden, und wenn Sie in Ihrer Sache politisch und juristisch intensiv untersützt werden. Wir empfehlen, sich an kompetente Beratungsstellen oder Rechtsanwälte zu wenden.